Bus 57 (Dashka Slater)

Zusammenfassung

Es ist ein kalter Novembertag in Oakland im Jahr 2013 als etwas Unfassbares passiert: Im Linienbus 57 wird ein schlafender Teenager von einem anderen, etwa gleich alten Jungen angezündet. Bei dem Opfer dieses Verbrechens handelt es sich um Sasha. Sasha wurde eigentlich als Junge geboren, lebt jedoch bereits seit einiger Zeit als agender und will daher weder als Junge noch als Mädchen wahrgenommen werden. Das ist auch der Grund, warum er an diesem schicksalshaften Tag einen Rock trägt. Der Junge, der ihn mit einem Feuerzeug anzündet, heißt Richard, ist etwa gleich alt wie Sasha und Afroamerikaner. Dank der anderen Businsassen gelingt es zwar, das Feuer schnell wieder zu löschen, die Brandverletzungen, die Sasha da jedoch bereits erlitten hat, sind sehr schwer. Richard wird schnell als Täter dieses unglaublichen Verbrechens identifiziert und von der Polizei festgenommen. Es kommt zu einer Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung und der Fall scheint abgeschlossen. Doch ist das Geschehene wirklich so leicht zu erklären? Es gibt nämlich eine lange Vorgeschichte sowie eine Zeit nach dieser Tat, die sich im November 2013 genauso ereignet hat und von Dashka Slater in all ihrer Komplexität in dem Buch Bus 57 aufgearbeitet wurde.

Zum Inhalt

Sasha heißt eigentlich Luke, ist ein an Sprachen interessierte Junge und hat das sogenannte Asperger-Syndrom. Das bedeutet, dass er in Gegenwart von anderen Menschen manchmal etwas unsicher ist und sich nicht immer so gut ausdrücken kann. Ansonsten interessiert sich Sascha noch für Politik, im Speziellen für den Kommunismus, liebt Zeichentrickfilme sowie die Farbe Lila und lebt vegan. Was Luke überhaupt keine Probleme zu machen scheint ist das Lernen, weshalb er auch die hohen Anforderungen auf der Privatschule, die er besucht ohne Probleme erfüllen kann. Des Weiteren ist er Teil einer Clique, in der jeder Teenager so akzeptiert wird, wie er ist und in der sich Luke aus diesem Grund sich besonders gut aufgehoben fühlen. So ist zum Beispiel ebenfalls ein Transgender-Mädchen Teil der Gruppe.

Nach und nach merkt Luke ebenfalls, dass es nicht nur sein Asperger-Syndrom ist, dass ihn von anderen unterscheidet, sondern es noch etwas anderes gibt, dass ihn zunehmend beschäftigt. Luke glaubt, sich wieder als Junge noch als Mädchen wirklich wohl zu fühlen und outet sich somit zunächst vor seinen Eltern als genderqueer. Diese reagieren zunächst verwirrt, zeigen jedoch nach etwas Anlaufschwierigkeiten großes Verständnis für ihr Kind und möchten Luke unterstützen, wo sie nur können. Etwas später wird Luke zudem klar, dass er bzw. sie nicht genderqueer ist und somit zwischen den Geschlechtern wechseln möchte, sondern er/sie sich als agender identifiziert. Das wiederum bedeutet, dass Luke weder männlich noch weiblich ist und um dies auszudrücken, verwendet er von nun an den geschlechtsneutral Vornamen Sascha. Das ist aber noch nicht alles, denn Sasha greift immer häufiger zu femininer Kleidung, wie zum Beispiel an jenem schicksalhaften Tag im November, als er einen Rock getragen hat.

Zudem achtet er/sie sehr streng darauf, eine geschlechtsneutrale Sprache zu verwenden.

Genau diese Sprache ist es auch, die diesem Buch einen ganz eigenen Stil verleiht, den du so vielleicht noch nie zuvor kennengelernt hast. So wird auf die konsequente Verwendung sogenannter geschlechtsneutrale Wörter im Buch Wert gelegt. Anstatt er oder sie verwendet die Autorin das Pronomen sier, wenn von Sascha die Rede ist bzw. statt “ihrem” oder “seinem” “siere”. Dies kann am Anfang beim Lesen des Buches etwas komisch vorkommen, ist jedoch eine reine Gewöhnungssache und nach mehreren Seiten normalerweise kein Problem mehr. Warum es der Autorin wichtig war, solche Wörter zu verwenden kann ganz einfach erklärt werden, sie gibt nämlich damit Personen, die sich keinem bestimmten Geschlecht zuordnen lassen möchten, eine Stimme und weist uns darauf hin, dass wir es gewohnt sind, alle Menschen entweder als Männer oder Frauen zu sehen.

Solltest du also am Anfang beim Lesen öfter über diese neuen Wörter stolpern, so ist dies von der Autorin durchaus beabsichtigt und soll uns zum Nachdenken über unser Rollenverständnis anregen.

In der Schule stört das neue Auftreten von Sasha niemanden, ganz im Gegenteil, sier scheint schnell akzeptiert zu werden. Außerhalb der Schule sieht dies jedoch anders aus und der Afroamerikaner Richard wird im Bus 57 auf Sasha aufmerksam, was nicht zuletzt an dem Rock liegt, den sier an diesem Tag trägt. Dieser Bus ist auch wirklich das einzige, was die beiden Jugendlichen miteinander verbindet, denn während Sasha eine tolle Schule besucht und ihm alle Türen offenzustehen scheinen, sieht das bei Richard ganz anders aus. Auf dem Weg von der Schule zurück nach Hause verbringen die beiden daher gerade einmal 8 Minuten miteinander, die jedoch das Leben von beiden für immer verändern sollen.

Richard stammt aus völlig anderen Verhältnissen als Sasha. Seine Mutter Debbie war gerade einmal 14 Jahre alt, als sie Richard bekommen hat und sie musste einiges auf sich nehmen, um ihrer Familie ein halbwegs gutes Leben zu ermöglichen. Richard geht daher auf eine öffentliche Schule, in der das Gesetz des Stärkeren gilt und nur die wirklich coolen Jungs etwas zu sagen haben. Das ist auch der Grund, warum der Teenager ständig versucht, Witze auf Kosten anderer Menschen zu machen, obwohl er sonst eigentlich ganz nett ist und er niemanden etwas Böses will. Er hat jedoch das Problem, dass er sich nicht nur sehr schlecht konzentrieren kann, sondern zudem stark von seinen Impulsen gesteuert wird, weshalb er oft sehr emotional und aufbrausend reagiert. Das ist vor allem dann der Fall, wenn er mit seinen Kumpels unterwegs ist und ihnen beweisen will, wie unglaublich cool er doch ist. So lässt es sich auch ganz einfach erklären, warum Richard bereits in jungen Jahren immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerät und sogar bereits für kurze Zeit im Gefängnis war. Als jedoch eine andere Auseinandersetzung eskaliert, in deren Folge sein Freund Skeet getötet wird, beschließt Richard sein Leben zu überdenken. Er lernt von nun an fleißig, um die Schule gut abzuschließen und später ein glückliches und erfolgreiches Leben zu führen. Als er jedoch eines Tages im Bus 57 mit seinen Freunden herumalbert, zündet er völlig grundlos und aus einem Spaß heraus Sashas Rock an. Man merkt sehr schnell, dass Richard überhaupt nicht bewusst, was er da wirklich getan hat und er Sasha gar nicht ernsthaft verletzen wollte, da ist es allerdings schon zu spät.

Dass die Folgen dieser Tat verheerend sind, wird sehr schnell klar: Sascha erleidet großflächige Brandwunden, die mit starken Schmerzen einhergehen. Nur mühevoll und dank langer Therapien schafft es Sasha das traumatische Erlebnis zu verarbeiten, wobei hier ganz eindeutig zu sehen ist, wie viel Hilfe und Unterstützung dem Teenager von allen Seiten zukommt. Sowohl seine Familie, seine Freunde als auch die Schule und sogar viele Fremde helfen dem Teenager dabei, wieder ins Leben zurückzufinden und sier fühlt sich keine Sekunde im Stich gelassen.

Richard hingegen wird aufgrund des verübten Verbrechens zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt und man merkt sehr schnell, dass die Tatsache, dass er Afroamerikaner ist, die Härte der Strafe zu beeinflussen scheint. Genau auf diese Problematik, die in Amerika immer wieder auftritt, geht die Autorin an dieser Stelle auch noch genauer ein. Zunächst wird die Tat nämlich als sogenanntes Hate-Crime von dem Staatsanwalt eingestuft, wodurch Richard nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden soll und ihm eine lebenslange Haftstrafe droht. Schlussendlich wird klar, dass der Teenager für mehrere Jahre ins Gefängnis muss. Seine Mutter versucht ihm in dieser schwierigen Situation beizustehen und hofft, dass er die Zeit im Gefängnis möglichst unbeschadet überstehen wird.