Ein Schatten wie ein Leopard (Myron Levoy)
Inhaltsangabe / Zusammenfassung
New York
Ramon Santiago, 14 Jahre alt und Sohn eingewanderter Puerto-Ricaner wächst in New York auf. Zusammen mit dem 17jährigen Harpo, Freund und Anführer einer Gang, lauert er im Treppenhaus eines Mietshauses einer alten Frau auf. Als die alte Dame eintrifft, rauben sie ihr die Handtasche mit ihrer Sozialhilfe und flüchten, erbeutet haben sie etwa 100 Dollar. Mit einem kleinen Anteil dieser Beute schlendert Ramon später über den Broadway und beobachtet die Menschen. Überall sieht er sich umgeben von Betrügereien, er selbst nimmt einem Freier 15 Dollar ab, bevor er flüchtet. Doch in einem Restaurant bekommt er von einer mitfühlenden schwarzen Serviererin ein Frühstück zum Preis eines Kaffees.
Die Familie
Da Ramons Mutter mit einem Nervenzusammenbruch im Krankenhaus liegt, will er sie besuchen und ihr eine Pflanze mitbringen. Der Besuch im Blumenladen mit einer rassistischen, feindseligen Verkäuferin verläuft sehr unschön, die Visite bei seiner Mutter nicht viel besser. Sie erkennt ihn nicht, spricht fast nur von ihrem Mann Carlos, der seit einem Jahr im Gefängnis sitzt. Ramon erinnert sich an das schlechte Verhältnis zu seinem Vater. Ramon schreibt und schrieb Tagebuch, um sich über seine Gedanken und Gefühle klar zu werden. Sein Vater verlachte ihn wegen dieser Vorliebe für das Schreiben, hält Ramon für einen Schwächling und wünscht sich einen Macho als Sohn. Tief frustriert verlässt Ramon das Krankenzimmer.
Die Umgebung
Um in der Gang aufgenommen und akzeptiert zu werden, muss Ramon selbstständig einen bewaffneten Raubüberfall begehen. Den Namen seines Opfers erhält er von Louis: ein alter Mann, in dessen Wohnung viele selbstgemalte Bilder hängen und der folglich doch sicher viel Geld haben wird. Ramon plant den Alten zu überfallen, doch von dem geklauten Geld will er sich ein Bild kaufen. Vor dem Überfall bekommt der Leser einen Eindruck von den erbärmlichen Verhältnissen, in denen Ramon lebt. Kakerlaken in der Wohnung, verdorbene Lebensmittel im Kühlschrank, der Strom ist abgeschaltet, die Möbel heruntergekommen. Ein Lichtblick ist die kurze Begegnung mit seiner hilfsbereiten Nachbarin Frau Garcia. Ein weiterer das Gespräch von Ramon mit seinem ehemaligen Schulkameraden Felipe. Der lesebegeisterte Außenseiter geht unbeirrt seinen Weg.
Die Gang
Ramons Überfall auf den Maler Anton Glasser verläuft völlig anders als geplant. Der alte verbitterte Mann sitzt im Rollstuhl und würde bereitwillig seinen ganzen Besitz dem jungen Mann überlassen. Im Haus befindet sich keinerlei Geld und Ramon muss mit zwölf Dollar wieder abziehen. Die Bilder jedoch haben ihm gefallen. Als Ramon mit dem gestohlenen Geld zur Gang zurückkehrt, bekommt er nicht die erhoffte und ersehnte Anerkennung. Stattdessen reagiert die Gruppe empört auf die „zu kleine“ Beute. Der – eigentlich nicht kriminelle – Ramon muss es erneut versuchen. Doch vorher zieht sich der zerrissene junge Mann an seinen „Nachdenkplatz“ zurück. Dort erträumt er sich ein völlig anderes Leben mit fürsorglichen Eltern, einer glücklichen Familie und frei von finanziellen Sorgen.
Der Maler
Mit einem Trick erschleicht sich Ramon ein zweites Mal Zugang zu dem Appartement Anton Glassers. Nachdem er dessen ganze Wohnung durchwühlt hat, steht fest, dass der einsame Maler genauso arm ist wie Ramon selbst. Beschämt entschuldigt sich der junge Mann und räumt die Wohnung wieder auf, alle Bücher, alle Bilder. Er möchte gerne dem sonderbaren und faszinierenden Sonderling helfen, indem er dessen Bilder verkauft. Glasser hält nichts von der Idee. Ramon versucht, seinen Bekannten – einem Lebensmittelhändler, dem Besitzer einer Tierhandlung, einer Händlerin mit Trödelware – die Bilder zu verkaufen. Niemandem gefallen die Werke, doch dann erhält er den Tipp, die Bilder in der teuren 5th Avenue zu verkaufen.
Zwischenspiel
Tatsächlich gelingt es Ramon in der 5th Avenue nach einigen Anläufen, Bilder von Glasser zu verkaufen. Ein russischer Künstler, Arnotzky Glasser, habe die Bilder gemalt, behauptet er. Angel, ein misstrauisches Bandenmitglied, ist Ramon gefolgt und stellt ihn beim Verkauf der Bilder zur Rede. Er verdächtigt ihn des Betrugs. Ramon muss Angel einen Teil des Geldes abgeben. Ein Bild hat Ramon behalten, er bringt es zu seiner Mutter ins Krankenhaus. Die Mutter schläft, doch ihr Zimmer ist völlig verdreckt. Ramon stellt das Bild ab und nimmt Reißaus.
Eine neue Welt
Auf dem Nachhauseweg kommt Ramon die Idee, Steaks einzukaufen und sie bei Glasser zu braten. Während des gemeinsamen Essens beginnt Vertrauen und Sympathie zwischen den beiden verlorenen Seelen zu wachsen. Glasser zeigt Ramon seine Bilder aus den Dreißigerjahren. Damals war er ein gefragter Maler, bis er durch Intrigen vernichtet wurde. Ramon begeistert sich für Glassers Bilder und bekommt einen ersten Einblick in die Welt der Kunst. Sie verabreden einen Besuch im Metropolitan Museum of Art. In einem Vorhang in Glassers Wohnung erkennt der fantasievolle Ramon den Schatten eines Leoparden.
Licht und Schatten
Schon der Spaziergang zum Museum wird für Ramon zum Erlebnis, der alte Maler weist ihn auf die Farben des Herbstes hin. Ramon wiederum berichtet von seinen Fantasiegeschichten, Glasser ermutigt ihn in seinen Schreibversuchen. Doch die Bande beobachtet und verfolgt die beiden. Im Museum sieht Ramon zum ersten Mal Kunst aus der ganzen Welt. Am meisten beeindruckt ihn die Traurigkeit in einem Selbstbildnis von Rembrandt. Er beginnt, über den Stellenwert von Bildung nachzudenken. Am nächsten Tag geht Ramon dem Maler Glasser zuliebe in die Schule. Frustriert von dem schlechten Unterricht und den chaotischen Verhältnissen, verlässt er jedoch bald wieder das Klassenzimmer.
Hoffnung
Einige Tage später unternimmt Ramon einen neuen Anlauf, Glassers Bilder zu verkaufen. Im Central Park bekommt er Ärger mit anderen Besuchern, dann sogar mit der Polizei. Anschließend versucht es Ramon in der Madison Avenue, in der die teuren Kunstgeschäfte und Antiquitätenläden liegen. Schließlich zahlt sich Ramons Hartnäckigkeit aus. Der Galerist Nielsen erinnert sich an den Maler und möchte Glasser treffen. Ramon ist glücklich und bringt den misstrauischen Glasser – ohne ihm Einzelheiten zu verraten – am vereinbarten Termin zur Galerie.
Katastrophe und Neubeginn
Nach all diesen Ereignissen sucht Ramon seinen „Nachdenkplatz“ auf, um über sich und Glassers Worte, er habe Schreibtalent nachzudenken. Doch dort lauern ihm vier der Bandenmitglieder – Harpo, Luis, Angel und Julio – auf. Von zwei Messerstichen schwer verletzt, wird Ramon gefunden und ins Krankenhaus gebracht.
Nach seiner Genesung trifft Ramon wieder den alten Maler, der nichts von dem Überfall wusste. Die beiden schließen einen Deal. Glasser willigt ein, seine Bilder in der Galerie Nielssen auszustellen. Ramon übergibt im Gegenzug dem alten Mann sein geliebtes Messer, das so lange für ihn Waffe und Statussymbol war. Er braucht es nicht mehr, denn er hat begriffen: „Ich kann ehrenhaft sein und trotzdem verlieren! Ich hab kein Messer mehr!“ Dieses neugewonnene Selbstbewusstsein verlässt den jungen Mann auch nicht mehr, als sein Vater überraschend aus dem Gefängnis entlassen wird. Ramon will kein Macho mehr werden. Er will zur Schule gehen und Schriftsteller werden. In einem hoffnungsvollen Neubeginn räumen die beiden gemeinsam die Wohnung auf.