Elektrische Fische (Susan Kreller)

Inhaltsangabe

Emma zieht mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in das kleine Dorf Velgow in Mecklenburg-Vorpommern. Das Dorf liegt quasi im Nirgendwo. Bereits kurz nach der Ankunft verspürt Emma den Wunsch, die Sachen zu packen und sofort wieder umzukehren, in die Heimat nach Irland. Kurzerhand fasst sie einen Plan so schnell wie möglich wieder die Heimreise auf die Green Isle anzutreten.
Der Umzug verging sehr schnell. Die Mutter kommt gebürtig aus dem kleinen ”Kaff” Velgow, war aber selbst vor zwanzig Jahren nach Dublin gezogen. Sie hatte dort als Au-Pair einen irischen Mann kennengelernt und geheiratet. Mit ihm zusammen hat sie Emma und die zwei Geschwister bekommen. Allerdings hielt die Ehe nicht lange. Der Vater von Emma hat ein Alkoholproblem und verließ die Familie. Da Emmas Mutter die Familie alleine nicht ernähren konnte, zog sie mit ihren Kindern in ihre Heimatstadt. Auch für Emmas Mutter ist es kein schönes Widersehen, als die Familie vom Großvater emfangen wird.
Velgow ist das Paradebeispiel für ein richtiges ”Kaff”. Der Kindergarten existiert nicht mehr und der kleine Tante-Emma Laden musste schließen. Die Straßen und die gesamte Infrastruktur in und um Velgow sind sehr schlecht. Überall gibt es Straßenschäden und große Schlaglöcher. Es wirkt so, als ob das kleine Dorf in den 1990 / 2000er Jahren stehen geblieben ist.

Die Autorin berichtet in dem Roman Elektrische Fische von einer Reise in die Heimat, die allerdings gleichzeitig eine Reise ins Ungewisse widerspiegelt. Die Kinder haben zwar deutsche Wurzeln, zumindest zur Hälfte, trotzdem ist ihnen alles in dem kleinen Dorf unbekannt. Im Buch findet der Leser immer wieder Hinweise darauf, dass sich die Kinder in ihrer ”Heimat” überhaupt nicht Zuhause fühlen. Selbst im Anwesen der Großeltern fühlen sie sich fremd, da ihnen der Geruch der Kleidung und des Hauses vertraut ist.

Das nächste große Hinderniss ist die Sprache. In Velgow spricht man einen Dialekt, sodass die drei Geschwister – vor allem Emma – jeden Tag neue Wörter und Phrasen lernt. Sie lernt also eine Art Deutsch, das man nur in diesem Teil des Landes so spricht. Von den Freunden der Großeltern werden sie als ”gute Ausländer” bezeichnet. Hier merkt man, dass immer eine Barriere zwischen ihnen und den Einwohnern Velgows bestehen wird.

Emma lernt in der Schule einen netten Jungen namens Levin kennen. Levin kann Emma vollkommen verstehen und macht ihr auch klar, dass man niemals freiwillig nach Velgow ziehen sollte. In Velgow gibt es rein gar nichts, was einen an diesem Ort hält.

Susan Kreller wurde in Ostdeutschland geboren. Im Buch findet der Leser einige Bezüge zu der damaligen Trostlosigkeit. Der einzige Lichtblick für Emma ist das Meer (Ostsee). Das Meer ist der einzige Bezug zu ihrer richtigen Heimat in Dublin. Obwohl die Familie unter einem Dach lebt, spürt der Leser keine Gemeinschaft oder Einheit innerhalb der Familie. Man hat das Gefühl, dass jeder im Haus sein eigenes Leben führt. Emmas Bruder geht jeden Tag in die einzige Scheune (Kneipe) im Dorf in tritt in die Fußstapfen seines Vaters. Emmas Mutter geht jeden Tag zum Bäcker. In Irland gab es leckeres und schön duftendes Brot. Sie versucht so, an die Heimat in Dublin zu denken.

Emma ist noch die aktivste von allen. Zusammen mit ihrem neuen Freund Levin plant sie ihre Flucht in die Heimat Irland. Levin und sie entwerfen einen ausgefeilten Plan, wie Emma ohne Flugzeug nach Irland zurückkehren kann. Der Haken an der Sache ist, dass Emma insgesamt zwei Fähren nehmen muss. Doch sie käme niemals an den Kontrollen an Bord vorbei. Daher üben die zwei in einem Aquarium und einem Vergnügungspark, indem sich Emma zu einer Familie schmuggelt, die es natürlich nicht bemerkt.

Susan Kreller spielt mit den Gefühlen des Lesers. Immer häufiger kommt die Frage auf, ob die Heimat wirklich ein Ort ist, oder ob Heimat die Menschen sind, mit denen wir zusammen leben. Keine der Figuren in dem Buch führt ein selbstbestimmtes Leben. Die Kinder sind von der Mutter abhängig und die Mutter hat keine andere Wahl nach Velgow zurückzukehren, um ihre Kinder zu ernähren. Im Laufe des Romans wird klar, dass auch Levin kein wirkliches Zuhause hat. Seine Mutter ist psychisch krank und macht der Familie das Leben sehr schwer. Sogar Emmas Großeltern fühlen sich in ihrem Heimdorf heimatlos.

Elektrische Fische ist ein emotionaler und sehr schön geschriebener Roman, der sich hauptsächlich um das Thema Heimat dreht. Doch es gibt auch Erkenntnisse und Wendepunkte im Roman. Nachdem sich Emma entschließt, die Reise zurück nach Irland zu wagen, merkt sie auf der Reise, dass sie sich auch verändert hat. Sie realisiert, dass jeder Mensch selbstbestimmt leben kann und immer eine Wahl hat. Manche Entscheidungen sind anfangs möglicherweise schwer oder fühlen sich falsch an.
Während der Reise wird Emma jedoch eines klar. Der Ort, an dem man lebt, macht nur einen kleinen Teil der Heimat aus. Viel wichtiger sind die Menschen, mit denen man an einem Ort lebt. Emma realisiert, dass es egal ist, an welchem Ort man lebt. Wichtig sind nur die Menschen und die Familie um einen herum. Sie bricht ihre Reise ab, kehrt nach Velgow zurück und stellt sich zu ihrer Familie.