Nathan und seine Kinder (Mirjam Pressler)
Autorenvorstellung Mirjam Pressler
Wer war Mirjam Pressler?
Mirjam Pressler wurde am 18. Juni 1940 in Darmstadt als Mirjam Gunkel geboren und ist am 16. Januar 2019 verstorben. Sie war eine bekannte deutsche Übersetzerin und Schriftstellerin. Bekannt war sie besonders als Jugend- und Kinderbuchautorin, allerdings schrieb sie auch häufig Werke für erwachsene Menschen und übersetzte Texte aus dem Englischen, Hebräischen und Niederländischen ins Deutsche.
Das Leben der berühmten Autorin
Mirjam Pressler ist das uneheliche Kind von einer jüdischen Mutter. Mirjam wuchs in einer Pflegefamilie auf. Im Alter von elf Jahren kam sie in ein Internat und besuchte später Gymnasien in den Städten Bensheim und Darmstadt. Darauf studierte Mirjam Pressler an einer Hochschule für bildende Künste, sowie Anglistik und Französisch an einer Universität in München. Sie verbrachte ungefähr ein Jahr im Kibbuz, Israel und kehrte 1970 zurück nach München. Sie hatte drei Töchter und heiratete einen Israeli. Nach ihrer Scheidung erzogen sie und eine Frau aus einer alleinerziehenden Familie ihre Kinder in einer WG. Sie arbeitete acht Jahre in ihrem Jeansladen und fuhr Taxi. Nach der Auflösung des Ladens arbeitete sie als freiberufliche Übersetzerin und Autorin. Sie übersetzte 500 Bücher in die Deutsche Sprache und schrieb mehr als 40 Kinder- und Jugendbücher.
Zu ihren Werken
Mit ihrer ersten Geschichte “Bitterschokolade” gewann Mirjam Pressler den Oldenburger Jugendliteraturpreis. Einen der wichtigsten Preise für Debüts in der Jugend- und Kinderliteratur. Insgesamt war dies ihr erfolgreichstes Werk mit ungefähr 400.000 verkauften Büchern.Die Anzahl ihrer Werke wuchs bis zu ihrem Tod auf bis zu über 50 Titel.
Ihr Buch ermöglicht es dem Leser, sich der Wahrhaftigkeit von Jugendlichen und Kindern in der Gegenwart und Vergangenheit zu stellen und auf schwierige Lebenssituationen aufmerksam zu machen. Sie hatten keine Hoffnung auf eine einfache Lösung. Am Ende stellt sich jedoch oft Zuversicht ein. Durch viele ihrer Arbeiten zieht sich oftmals das Thema Holocaust: So geht es beispielsweise in Malka Mai um den Überlebenskampf einer achtjährigen Jüdin.
Biografische und autobiografische Elemente waren oft ein Teil ihrer Werke, aber sie sind meist nur die Grundlage der Geschichte.
Als Übersetzerin hat Mirjam Pressler mehr als 300 Bücher aus dem Hebräischen, Englischen und Niederländischen ins Deutsche übersetzt, darunter John Steinbeck, Peter Van Geist, Olekastblum oder Zeruya Shalev. Eines der Hauptwerke ist eine kritische Version des Tagebuchs von Anne Frank, das sie ihr widmete. 2015 stand die Geschichte der Familie Anne Frank im Mittelpunkt des Frankfurter Buchfestivals.
Presslers letzter geschriebener Roman, Dunkles Gold, erschien nach ihrem Tod im März 2019. Er schlug die Brücke zwischen der Pest und der aktuellen Entwicklung des Antisemitismus im Mittelalter.
Anne Frank als wichtiger Punkt ihrer Werke
Mirjam Pressler hat in einem speziellen Übersetzungsverfahren die jüdische Geschichte entdeckt, die das zentrale Thema ihres Schreibens ist. Mitte der 1980er-Jahre erhielt sie den Auftrag, den Kommentar zu Anne Franks Tagebuch aus dem Niederländischen ins Deutsche zu übersetzen. Ihre übersetzte Version, die Anfang der 1990er-Jahre mit zusätzlichem Text erneut veröffentlicht wurde, ist die Referenzversion. Die Aufmerksamkeit für Anne Frank führte auch zu einer vertieften Auseinandersetzung mit der Geschichte der Tagebuchautorin. Mirjam Pressler veröffentlichte eine Biografie und die Geschichte der Familie Frank. Die Übersetzung von Tagebüchern ist ein Hauptwerk von Mirjam Pressler.
Wahn und Hass als Feinde
Dies wird auch am Beispiel von Mirjam Presslers letztem Roman deutlich. Einige Passagen in „Dunkles Gold“ können jetzt als unbewusste Kommentare über uns gelesen werden, Kommentare über krude und äußerst verabscheuungswürdige Antisemitismus-Verschwörungstheorien nach der Corona-Pandemie. Im Spätmittelalter wurden Juden von Anstiftern immer wieder des Ausbruchs der Pest beschuldigt, weil sie angeblich die städtischen Brunnen vergiftet hatten. Gewalt und Massaker sind das Ergebnis dieser perfiden Anschuldigungen. Beispielsweise wurden im Frühjahr 1349 Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Erfurt ermordet und deportiert. Auch “Dark Gold” erzählt diesen Punkt. Mirjam Pressler zeigt, wie zerstörerisch Antisemitismus und rassistische Orientierung das Gift von Wahn und Hass sein können. Das macht Ihre Arbeit in unserer Zeit so wichtig.
Dies gilt auch für Bücher, deren Handlung im 20. Jahrhundert spielt. Als Grundlage für diese Romane wählte Mirjam Pressler Geschichten aus dem wirklichen Leben. Die Geschichte der jungen Hannah, die vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Dänemark geschickt, dann nach Theresienstadt deportiert und schließlich gerettet wurde, ist wahr: Dies ist die Lebensgeschichte einer Frau, welche von der Schriftstellerin in Israel aufgenommen wurden ist. Andererseits basiert “Malka Mai” auf der groben Erinnerung an die gleichnamige Überlebende, die in den polnischen Slums überlebte und auf sich allein gestellt war.
Ihr Werk “Nathan und seine Kinder”
Der Versuch der Christen, Jerusalem im dritten Kreuzzug von den Muslimen zurückzuerobern, scheiterte. Die Stadt wurde von Sultan Saladin regiert, dessen Armee, angeführt von Kapitän Abu Hassan, listige Angriffe von Christen abwehrte. Saladin lässt alle Templer umbringen und begnadigte nur Leu von Filnek. Kurz darauf rettet dieser Recha, die getaufte Adoptivtochter des reichen jüdischen Geschäftsmannes Nathan, aus einem brennenden Haus. Nathan gilt als kluger und ausgeglichener Mensch, er hat viel Gutes getan, Recha wuchs auf und glaubte, Nathans leibliche Tochter zu sein.
Die Tempelritter und Recha verliebten sich ineinander, aber eine dauerhafte Verbindung zwischen Christen und Juden schien unmöglich. Deshalb griff Daja, die Erzieherin von Recha, ein. Sie enthüllte den Templern, dass Recha eine Christin und Nathans einzige Adoptivtochter war, und teilte Recha das Geheimnis mit. Der verwirrte Templer bat den Jerusalemer Patriarchen um Rat und beschrieb ihm die Situation, also bat er darum, die Juden zu töten, die er nicht kannte. Die Templer vermuteten, dass es falsch war, das Vertrauen des Patriarchen zu gewinnen.
Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten rief Sultan den wohlhabenden Nathan zu sich um ihn zu treffen. Saladin hat sich kein Geld von Nathan geliehen, sondern wollte zunächst den für seine Weisheit bekannten Mann auf die Probe stellen und ihn echten religiösen Problemen stellen. Nathan antwortete mit der Analogie von drei Ringen. Demnach haben alle drei Religionen den gleichen Status und sind dem gleichen Wert verpflichtet, nämlich der Liebe zu Gott und den Menschen. Saladin, der gerührt war, bot Nathan dann seine Freundschaft an. Kurz darauf wurde Nathan brutal getötet. Als Täter gelten fanatische Muslime aus Anhängern von Abu Hassan und Christen als Anhänger des Patriarchen. Recha trauert, reift aber durch Erfahrung und vermeidet Klärung und Rache. Sie möchte das Andenken an ihren Adoptivvater bewahren und auf der Suche nach Versöhnung in seinen Besitz eintreten.
Mirjam Pressler beschrieb ihr Buch als Variation von Lessings Werk im Nachsatz. Die Autorin gibt jedem ihrer Charaktere eine Stimme und erzählt die Geschichte aus ihrer Perspektive. Auf diese Weise können sich die Leser in die fremde Welt einfühlen und historische Ereignisse verstehen. Das friedliche Zusammenleben der drei großen monotheistischen Religionen und die gegenseitige Toleranz, welche sich Lessings Nathan wünscht, sind auch in einer multireligiösen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts heiße Themen.